(FAB) 7.15 Uhr im Tafelladen der Diakonie brennt schon Licht. Ein Mitarbeiter stellt Schilder auf den Gehweg um die Parkbucht freizuhalten. Schnell öffne ich den Kofferraum, um die zwei Kisten voller gespendeter Nahrungsmittel auszuladen und auf dem Tresen abzustellen. Dann bis später, ich parke um, denn der Lieferwagen der Tafel fährt schon vor, um Backwaren anzuliefern.
7.50 Uhr in der Grabenstraße treffen die 21 SchülerInnen meiner evangelischen Religionsgruppe Stufe 8 ein. Der Unterricht findet heute mitten in Vaihingen statt.
8.00 Uhr Diakonische Bezirksstelle, Heilbronner Straße. Jana Ruhl, Sozialpädagogin, hat unterm Dach im Gruppenraum schon alles für einen Streifzug durch die Aufgabengebiete der Diakonie vorbereitet. Mit Bildkarten und stichwortartigen Lebensschilderungen erhalten die SchülerInnen einen Einblick in die Beratungsbereiche Sucht, Kur, Schulden, Partnerschaft, Ehe, Hinterbliebene und erfahren von Hilfsangeboten für Schwangere, Frauen, Kinder und psychisch Erkrankte.
9.00 Uhr Gang durchs Haus mit Blick in Büros, die Vorratskammer, Kleiderkammer, das Tafelcafé und den Tafelladen. Inzwischen sind die Regale von den Helferinnen voll bestückt und die Jugendlichen reichen ihnen etwas verschämt ihre eigenen Spenden. Sie sind erstaunt, was es in dem Mini-Supermarkt alles zu kaufen gibt. Inzwischen wissen sie, dass bei 3 € Schluss ist und nicht jeder das Glück hat, einen begehrten Einkaufsausweis zu bekommen. Viele Bedürftige dürfen vorerst nur in die Kleiderkammer, um sich dort auszustatten. Doch im Tafelcafé dürfen alle zusammenkommen, sich aufwärmen und stärken. Dort werden die Nummern aufgerufen, dass die Kunden nicht in der Kälte warten müssen.
9.30 Uhr Stadtspiel mit Besuch im Eine Welt Laden. Die jungen Leute haben in Kleingruppen die Aufgabe, Informationen über fairen Handel zu sammeln. Dazu haben sie auch weitere Adressen von Geschäften erhalten, die nachhaltige oder zum Beispiel auch unverpackte Produkte anbieten. Ihre Aufgabe ist es, im Wert von 5 € ein Geschenk zu erwerben, einzupacken und mit einer persönlichen Grußkarte zu gestalten. Dieses Päckchen soll jemandem als Spende Freude bringen.
10.30 Uhr Spaziergang Richtung GebrauchtWarenMarkt in der Planckstraße. Als Unterstützung ist Felicia Liebsch, Schulsozialarbeiterin der OMRS, hinzugestoßen, um die Lerngruppe mit Eva Fabritius zu begleiten.
10.45 Uhr An der Laderrampe am Rolltor steht Jürgen Brett und weist uns in den hinteren Lagerraum. An einer langen Tafel mit Tannenzweigen und Plätzchen mitten zwischen Hunderten von Bananenkartons – weil die sich gut stapeln lassen- erzählt er von den Anfängen im privaten Wohnzimmer und Carport vor über 30 Jahren, als mit Flohmarktartikeln alles seinen Anfang nahm. Inzwischen haben sich aus der einen Vision, durch den Erlös des Wiederverkaufs von gebrauchten Waren bedürftigen Menschen zu helfen, zwei eigenständige Vereine (Förderverein Bulgarienhilfe e.V. und Menschen helfen Menschen e.V.) gegründet, die wiederum zahlreiche Organisationen bezuschussen und nach wie vor Transporte in Krisengebiete wie Bulgarien oder die Ukraine finanzieren und organisieren.
Die jungen Leute staunen, so viele Jahre Ehrenamt, eine riesige Einkaufsfläche und unzählige interessante Ecken, in denen man stöbern, blättern und Einzigartiges entdecken kann. Dazu allein an diesem Morgen 10 ehrenamtliche HelferInnen, die bereits seit Stunden an der Arbeit sind. Herr Brett klingelt mit der Glocke und teilt die Jugendlichen ihrem Aufgabenbereich zu. Für eine halbe Stunde helfen sie bei der Annahme, beim Sortieren, Einräumen und auch Wegwerfen von Unbrauchbarem. „Auch arme Menschen haben eine Würde“, sagt Herr Brett. „Eine Spende ist wie ein Geschenk, das ich auch einem Freund oder meinem Nachbarn schenken würde.“ Eine Schülerin meint: „Es ist schön, dass die Dinge hier weitergenutzt werden.“ „Ja, wie ein zweites Leben!“ fügt Herr Lieb hinzu. Als die Glocke wieder klingelt, dürfen die Jugendlichen auch selbst einkaufen. Mancher freut sich über ein „Schnäppchen“, manche über ein neues Kleidungsstück und es gäbe noch vieles zu entdecken.
12.30 Uhr Der soziale Spaziergang durch Vaihingen endet hier.
Voneinander wissen, sich begegnen, gemeinsam anpacken – die ersten drei Schritte sind gemacht!